Die Ballotage
Über die Aufnahme eines neuen Gildebruders entscheiden die Gildebrüder der Bürgergilde zu Neumünster seit 1578 auf der Generalversammlung per Ballotage (von frz. ballotte: kleine Kugel bzw. engl. ballot: Wahlkugel). Dieses Abstimmungsverfahren – auch Kugelung genannt – wandten schon die Benediktinermönche im frühen Mittelalter sowohl für Neuaufnahmen als auch für Abtwahlen an, wobei die historischen Wurzeln dieses Wahlverfahrens bis in das antike Griechenland zurückreichen.
Es handelt sich hierbei um eine geheime Stimmabgabe, bei der weiße oder schwarze Kugeln in ein weißes (d.h. bejahendes) oder schwarzes (verneinendes) Fach geworfen werden.
Das Abstimmungsgerät mit dem weißen und dem schwarzen Schubfach, das die Bürgergilde jetzt verwendet, stammt aus dem Jahre 1950. Es wurde vom Neumünsteraner Klempnermeister Freitag zum Preis von 28,34 DM angefertigt. Das Vorgängermodell wurde – genau wie die Gildefahne – während des Krieges zerstört.
Ein halbrunder Sichtschutz – gebogen über den Einwurföffnungen der Schubfächer – verhindert, dass die anderen Gildebrüder sehen können, über welchem Fach ihr Nachbar seine Hand öffnet. Um eine Verwechslung bei der Stimmabgabe auszuschließen, ist das ganze Ballotagegerät schwarz und weiß bemalt. Dem Schießoffizier kommt beim Aufnahmeritual das verantwortungsvolle Amt zu, das Ballotagegerät bei der Abstimmung von Gildebruder zu Gildebruder zu tragen. Haben alle Gildebrüder ihre Kugeln eingeworfen, öffnet der Schießoffizier die beiden Schubfächer, um das Ergebnis der Abstimmung zu verkünden.
Im Lauf der Jahre verringerte sich die Zahl der Stimmkugeln. Irgendwann waren die meisten der Kugeln nicht mehr wie ursprünglich schwarz oder weiß, sondern zwischenzeitlich durch bunte ersetzt worden. Um die Aufnahme-Tradition in angemessener Würde fortzuführen, griff Gildebruder Peter Janetzky mit einer Stiftung ein: In einer Schatulle aus Zedernholz überreichte er im Jahre 2008 beim Gildefest im Caspar-von-Saldern-Haus Capitain Dr. Ulf-Christian Mahlo die neuen Messing-Stimmkugeln.
Die Stimmkugeln sind seitdem nicht mehr weiß oder schwarz; es kommt nun nur noch darauf an, ob sie in das weiße oder schwarze Fach geworfen werden.