Die „Witte Büxen Gill“
Die Geschichte Neumünsters ist ohne ihre Gilden nur schwer vorstellbar. So gehört die Bürgergilde zu Neumünster seit 1578 zu den ältesten Vereinigungen unserer Stadt. Sie bezieht sich auf die Gilderolle von 1654 von Herzog Friedrich III. von Holstein-Gottorf. Sein Nachfahre Herzog Carl-Friedrich von Holstein-Gottorf stiftete ein goldenes Schild mit seinen Initialen, einen Trinkbecher und eine Fahne. Das goldene Schild und der Trinkbecher sind noch heute im Original erhalten. Die im Volksmund gerne gebrauchte Bezeichnung „Witte Büxen Gill“ ist neueren Datums, die weißen Hosen wurden von der Bürgergilde erst im vorvorigen Jahrhundert eingeführt.
Als Brand- und Totengilde waren die Gilden für den einzelnen Bürger der Garant für gegenseitige Hilfe und Unterstützung in größter Not, was zu damaliger Zeit zum Überleben unerläßlich war. Daneben bildeten sie auch stets einen gesellschaftlichen Teil Neumünsters und gehörten somit zu den Wurzeln der sozialen Gemeinschaft unserer Vaterstadt. Namen von alten Neumünsteraner Familien sind dabei über Generationen vertreten.
Gildebrüder waren damals die Hausbesitzer des Fleckens. Heute sind es Ärzte und Rechtsanwälte, selbständige Handwerksmeister und Kaufleute, Vertreter der verschiedenen Industrie und Gewerbezweige der Stadt.
Die Aufgabe als Brand- und Totengilde wurde im Lauf der Jahrhunderte zurückgedrängt. An ihre Stelle trat die Gemeinschaft von gestandenen Bürgern aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens der Stadt, die sich der Tradition verpflichtet fühlten und diese erhalten wollten. In ihrer Einstellung zum Wesen der Gilde und zu der Tradition der Stadt Neumünster stehen die Gildebrüder der Bürgergilde seit jeher dicht zusammen.
Die Bürgergilde zu Neumünster seit 1578 hat ihre ursprünglichen Aufgaben der gegenseitigen Hilfe bei Brand, Not und Tod im Laufe der Jahrhunderte aufgeben müssen. Geblieben ist die Erinnerung. Geblieben und erhalten sind aber auch die alten Gilderollen, Gildebücher und Dokumente, in denen sich ein wesentlicher Teil unserer Stadtgeschichte widerspiegelt. Sie zu bewahren und ihren Inhalt nicht vergessen zu lassen, ist heute unsere Aufgabe. So zeigt das Wappen der Bürgergilde auf rotem Schild einen Schwan mit ausgebreiteten Schwingen, dessen Hals eine goldene Krone umgibt, darüber freischwebend das weiße Holsteiner Nesselblatt. Es handelt sich dabei um das historische Wappen des „Fleckens Neumünster“ und zeigt somit die Verbundenheit der Gilde zu unserer Heimatstadt.
Die Bürgergilde zu Neumünster seit 1578 hat zurzeit 110 Mitglieder. Der Vorstand besteht aus dem Capitain, Gildevorsteher, Offizieren und der amtierenden Majestät.
Die wichtigste Veranstaltung des Jahres ist die Generalversammlung am Himmelfahrtstag. Alle zwei Jahre wird ein Vogelschießen am Mittwoch nach Pfingsten abgehalten, an dessen Ende ein neuer Gildekönig gekürt wird. Amtierende Majestät ist seit dem 31. Mai 2023 Dr. Michael I. Klinger.
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Heiner Schulz-Hildebrandt
Capitain